Fall 51
Aktenzeichen: 1 BvR 1014/01
Beck Online: BeckRS 2007 20169.0

cid 51 
 BUNDESVERFASSUNGSGERICHT 
- 1 BvR 1014/01 - 

 

In dem Verfahren 
      über 
      die Verfassungsbeschwerde 


   


des Herrn E... 


   



        - Bevollmächtigter:
       

        Rechtsanwalt Theodor Gerlach, 
        in Sozietät Anwalts- und Notarkanzlei Gerlach, 
        Bahnhofstraße 12, 27404 Zeven -
       


   





gegen
          a) 

den Beschluss des
          Oberlandesgerichts Celle vom 3. Mai 2001
          - 32 Ss 7/01 -, 



b) 

das Urteil des Amtsgerichts
          Lüneburg vom 4. September 2000 - 13
          Ds 502 Js 13049/00 (98/00) - 




   


hat die 1. Kammer des Ersten Senats des
      Bundesverfassungsgerichts durch 
den Präsidenten Papier, 
      die Richterin Hohmann-Dennhardt 
      und den Richter Hoffmann-Riem 


   


gemäß § 93 b in Verbindung mit
      § 93 a BVerfGG in der Fassung der Bekanntmachung
      vom 11. August 1993 (BGBl I S. 1473)
      am 4. Dezember 2006 einstimmig beschlossen: 


   


Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur
      Entscheidung angenommen. 


   


Gründe: 


1  


Die Verfassungsbeschwerde betrifft eine
      strafgerichtliche Verurteilung wegen des im Anschluss an eine
      Versammlung getätigten Widerstandes gegen
      Vollstreckungsbeamte. 


2  


Die Annahmevoraussetzungen (§ 93 a
      Abs. 2 BVerfGG) sind nicht gegeben. Der Beschwerdeführer
      kann sich nicht auf Art. 8 GG berufen. Denn dieser
      gewährleistet lediglich das Recht, sich "friedlich und ohne
      Waffen" zu versammeln. Im vorliegenden Fall hat die
      Demonstration im Ganzen einen gewalttätigen Verlauf genommen
      (zu diesem Kriterium vgl. BVerfGE 73, 206 <248>; 87,
      399 <406>; 104, 92 <106>). Die Teilnehmer
      beschränkten sich nicht auf die Kundgabe ihres Anliegens,
      sondern griffen die Polizeibeamten körperlich an, um sie zu
      verdrängen. 


3  


Nach den amtsgerichtlichen Feststellungen
      antworteten die etwa 60 bis 70 Demonstrationsteilnehmer auf
      die zwecks Abstimmung des weiteren Weges der unangemeldeten
      Versammlung ausgesprochene Aufforderung, stehenzubleiben und
      den Versammlungsleiter zu benennen, mit dem gemeinsam
      skandierten Ruf: "Wir bleiben nicht stehen!". Sie stürmten
      auf die daraufhin von etwa sieben bis neun Beamten gebildete
      Polizeikette los und "überrannten" sie, wobei es auch zu
      Tätlichkeiten kam. Dieses gemeinschaftliche Handeln des
      Demonstrationszugs, der die Kette der weit in der Unterzahl
      befindlichen Polizeibeamten gewaltsam durchbrach, führte zu
      einer kollektiven Unfriedlichkeit der Demonstration. Damit
      fiel sie nicht mehr in den Schutzbereich des Art. 8
      Abs. 1 GG. 


4  


Der daraufhin unternommene Versuch der
      Polizei, einen der Teilnehmer in Gewahrsam zu nehmen, griff
      daher nicht in das Grundrecht aus Art. 8 GG ein.
      Gleiches gilt für die an die Rechtmäßigkeit dieser
      Diensthandlung anknüpfende (§ 113 Abs. 3 und
      § 125 Abs. 2 StGB) strafgerichtliche Verurteilung
      des Beschwerdeführers zu einer Geldstrafe wegen
      Landfriedensbruchs in Tateinheit mit Widerstand gegen
      Vollstreckungsbeamte. 


5  


Von einer weiteren Begründung wird gemäß
      § 93 d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG
      abgesehen. 


6  


Diese Entscheidung ist unanfechtbar. 


   




Papier 
Hohmann-Dennhardt 
Hoffmann-Riem